Fallbeispiel Freiburg

Partner und Konkurrenten zugleich        

Zunächst spannten Kanton Freiburg und Swisscom zusammen, um flächendeckendes Glasfasernetz der Spitzenklasse von den Städten bis in die Dörfer zu ziehen. Doch Swisscom ging es nicht rasch genug. Das Unternehmen stieg vorzeitig aus. Seitdem treiben beide Seiten den Ausbau auf eigene Rechnung und mit unterschiedlichen Technologien voran.

Zunächst spannten Kanton, Swisscom und Stromunternehmen zusammen mit dem Ziel, in Freiburg ein flächendeckendes Glasfasernetz bis in die hintersten Winkel des Kantons zu realisieren. Der Kanton beteiligte sich zu diesem Zweck mit fünf Millionen Franken am Aktienkapital der ftth fr AG. Dabei handelt es sich um ein Gemeinschaftsunternehmen der im Kanton tätiger Energieversorger, die sich am Glasfaserausbau beteiligen. Zusätzlich entschied das Kantonsparlament 2012, Investitionen der Energieversorgungsunternehmen in ländlichen Gebieten mit einem zinslosen Darlehen von 35 Millionen Franken vorzufinanzieren.

In der Stadt Freiburg begann die Markteinführung des Glasfasernetzes Ende 2012, weitere Städte folgten. Wo der Ausbau beendet wurde, benutzen seitdem mehrere Anbieter das Glasfasernetz für Festnetztelefonie, Hochleistungsinternet und Digitalfernsehen.

Vorgesehen war ein Ausbau über eine Dauer von 15 Jahren. Bis 2027 sollten 90 Prozent der Haushalte und sämtliche Geschäfte im Kanton direkte Glasfaseranschlüsse erhalten. Doch 2017 zog sich Swisscom nach sechsmonatigen Verhandlungen zurück. Der Breitbandbedarf der Kunden wachse schneller als erwartet, lautete die Begründung. Das Fernmeldeunternehmen zieht seitdem selber Glasfaserverbindungen in die Nähe der Gebäude und leitet die Signale auf den letzten paar Hundert Metern über herkömmliche Kupferleitungen in die Wohnungen und Geschäfte.

Das ist zwar weniger leistungsstark als die ursprünglich geplante Technologie, aber rascher realisierbar und reiche vorläufig aus, erklären die Swisscom-Verantwortlichen. Dank dem profitierten auch ländliche Gemeinden um bis zu sechs Jahre früher von schnellem Internet, als die in der Partnerschaft mit ftth fr vorgesehen gewesen wäre. Die Partnerschaft daure aber insofern an, als bereits begonnene Ausbauprojekte wie geplant fertig gestellt würden. Betrieb und Unterhalt laufen ebenfalls wie vereinbart weiter.

Die ftth fr ihrerseits sieht die Partnerschaft für beendet an und treibt den Ausbau ihres Netzes mit unbegrenzter Bandbreite und offenem Zugang selber voran. „Wir haben weiterhin die Absicht, den ganzen Kanton zu erschliessen – aber alleine“, sagt Direktor Frédéric Mauron. Bis zum vollständigen Netzausbau werde es aber wohl länger dauern als geplant. Man konzentriere sich nun auf den Anschluss der Regionen mit dem grössten Bedarf. Dabei setze man auf das Open-Access-Modell, das mehreren Dienstanbietern unbegrenzten und diskriminierungsfreien Zugang zum Netz erlaubt. Das liegt laut Mauron nicht nur im Interesse der Endkunden, sondern soll auch die Wettbewerbsfähigkeit des Kantons stärken und sein Wirtschaftswachstum ankurbeln.

Beide Seiten bekunden zwar nicht die Absicht, parallele Netze zu bauen. Dennoch wird es in Neubauten Wohnungen geben, die sowohl durch ftth fr als auch durch Swisscom erschlossen werden und Wände, an denen die zwei unterschiedlichen Steckdosen nebeneinander installiert sind. Am Ende hat der Kunde die Qual der Wahl.


Auf einen Blick – Kanton Freiburg

  • Erschlossenes Gebiet:
    Kanton Freiburg
  • Fläche:
    1’592 km2
  • Einwohnerzahl/Anzahl Anschlüsse:
    280’000 / 140’500
  • Technologie:
    ftth fr AG: Fiber To The Home (FTTH), 4-Faser-Modell mit offenem Netzzugang
    Swisscom: Fiber to the Curb (FTTC), Fiber To The Street (FTTS), Fiber to the Building (FTTB)
  • Kosten:
    einige 100 Millionen Franken
  • Erschliessung durch:
    ftth fr AG und Swisscom, teilweise in Kooperation
  • Aktuelle Informationen unter:
    www.ftth-fr.ch/de und www.swisscom.ch/netz